Konfuzius und seine Lehren
Vortrag von Jia Jianxin, Botschaftsrat für Kultur, Chinesische Botschaft in Wien
Konfuzius wurde im Jahre 551 vor Christus geboren und starb im Jahre 479 mit 73 Jahren. Er lebte in der Frühlings- und Herbstperiode Chinas (770-476 vor Christus). Das damalige China war nur dem Schein nach unter der Zhou-Dynastie vereint. In Wirklichkeit war es aber in große und kleinere Feudalfürstentümer gespalten. Alle lokalen Fürsten herrschten despotisch über ihre eigene Region und regelten ihre Angelegenheiten auf ihre Weise. Sie nahmen keine Rücksicht auf die administrativen und militärischen Erlasse der zentralen Dynastie.
In der Jugendzeit kostete Konfuzius viele Bitternisse des Lebens. Dass er oft kühl behandelt wurde, hinterließ bei ihm einen tiefen Eindruck. Als er sich später an seine Vergangenheit erinnerte, seufzte er schwermütig: „In meiner Jugendzeit war ich auch ein armer und einfacher Mann.“ Nachdem sich Konfuzius reiche Kenntnisse erworben hatte, begann er mit der Kulturverbreitung. Seine Methoden bestanden hauptsächlich darin, eine Schule zu gründen und den Schülern Vorlesungen zu erteilen. Mit 30 Jahren gründete er die erste Privatschule in China und lehrte über Jahrzehnte hinweg insgesamt über dreitausend Schüler, von denen 72 Schüler als Weise hervortraten. In der Erziehungsgeschichte des antiken China hatte niemand so viele Schüler wie Konfuzius gehabt.
Konfuzius brach das Bildungsmonopol und gründete die erste Privatschule, deren Prinzip lautete: „Allen ohne Unterschied Bildung zuteil werden lassen.“ Als erster Mann in China stellte Konfuzius die Regel auf, dass alle gegenüber der Bildung gleich seien, ob arm oder reich. Wer symbolisch ein wenig Lerngebühr zahlte, der durfte in die Schule gehen. Einer der besten Schüler des Konfuzius hieß Yan Hui. Er stammte aus einer armen Familie. Seine Elternfamilie wohnte in einer engen Gasse und führte ein elendes Leben.
Schriftliche Zeugnisse über Chinas Geschichte sind rückdatierbar bis vor 4000 Jahren. Vor Konfuzius gab es noch keine offiziellen Geschichtswerke. Die Fürsten zeichneten ihre eigene Chronik auf. Die Chronik des Staates Lu, in dem Konfuzius lebte, hieß „Die Frühlings- und Herbst- Annalen von Lu“. Auf ihrer Basis fügte Konfuzius wichtige Daten und Fakten hinzu und verfasste somit das älteste chinesische Geschichtswerk „Die Frühlings- und Herbst- Annalen“, die die Geschichte zwischen 722 und 481 v. Chr. (insgesamt 242 Jahre) umfassten.
Konfuzius war nicht nur Pädagoge und Politiker, sondern auch Gelehrter und Denker. Während seiner umfassenden Studien beschäftigte er sich auch intensiv mit der Literatur, Geschichte, Philosophie, Politik, Gesellschaft und Ethik. Zudem war er mit verschiedenen sozialen Problemen konfrontiert. Über all dies dachte er nach. Wie konnte man den Staat verwalten und den Frieden bringen, wenn die politische Lage chaotisch war? Wie konnte man dem Volk zu einem ruhigen Leben verhelfen?
Die Menschenliebe bildete den Kern des Konfuzianismus auf der Idee der Menschenliebe basiere.
Eines Tages begab sich Konfuzius nach Audienz beim König auf den Weg nach Hause und hörte, dass sein Pferdestall in Brand geraten war. Konfuzius fragte nicht danach, ob die Pferde im Brand umgekommen seien und wie groß der Verlust sei, sondern kümmerte sich vor allem darum, wie es den Dienern im Pferdestall ging. Er fragte sofort: „Ist jemand verletzt?“
In der Zeit des Konfuzius waren die Pferdestalldiener meistens Knechte oder Leibeigene, die einen niedrigen sozialen Status und keine eigene Persönlichkeit hatten. In den Augen der meisten Herrscher waren die Knechte und Leibeigenen nichts anderes als Werkzeuge. Man durfte sie beliebig kaufen und verkaufen oder sogar töten. Die Herrscher betrachteten sie nicht als Menschen und sich um sie kümmern, das taten sie schon gar nicht. Konfuzius hatte jedoch eine andere Einstellung hierzu. Für seine Begriffe waren sowohl edle Leute als auch Leute von niedrigem Stand Menschen, die über die gleiche Persönlichkeit verfügten.
Im Staaten Lu gab es einen Adligen namens Ji Kangzi, der ehemals Kanzler von Lu gewesen war. Mit der Frage „Wie soll man einen Staat regieren?“ wendete er sich an Konfuzius, indem er sagte: „Ich möchte ein paar schlechte Menschen töten und mich mit etlichen guten Menschen befreunden. Was ist Ihre Meinung dazu? “ Konfuzius hielt diese Meinung für falsch und sagte: „Warum muss man mit dem Töten anfangen, wenn man einen Staat in Ordnung bringen möchte? Die beste Methode wäre, dass die Beamten Gutes leisten. Dann wird die Bevölkerung ihnen folgen. Es kommt darauf an, wohin sie die Bevölkerung führen. Die hohe Tugend des Herrschers ist mit dem Wind zu vergleichen, während die Tugend der Bevölkerung dem Gras gleicht. Wohin der Wind weht, wird sich das Gras neigen.“
Nach Konfuzius konnte die Armut der Bevölkerung durch einen tugendhaften Herrscher vermieden werden. Einerseits sollte man drückende Steuern und vielfältige Abgaben senken, andererseits eine Politik durchführen, die dem Volk zu Wohlstand verhalf. Man sollte der Bevölkerung gewisse Freiheiten einräumen, sich zu entwickeln und Geld zu verdienen, und dadurch Stabilität erzielen. Wenn die Bevölkerung ein besseres Leben führen konnte, würde sie nicht an Diebstahl denken und könnte dadurch die Stabilität des Staates gewährleisten.
Als sich Konfuzius auf seiner Abreise aus dem Staate Wei befand, sah er mit großer Freude, dass der Staat Wei bevölkerungsreich war. Ein Schüler fragte ihn: „Wie kann man eine so große Bevölkerung regieren? “ Konfuzius antwortete: „Lass sie zu Wohlstand kommen! “ „Was dann, wenn sie wohlhabend geworden ist ?“ „Dann soll man ihr Bildungsniveau steigern.“
Schüler Zi Gong stellte eine Frage an Konfuzius: „Wen halten Sie für geistig reifer, den Schüler Zi Zhang oder den Schüler Zi Xia?“ Konfuzius gab ihm keine direkte Antwort, sondern sagte: „Zi Zhang ist voreilig und beim Handeln ein bisschen übertrieben; Zi Xia ist konservativ, handelt untertrieben und entspricht nicht den Anforderungen“. Zi Gong fragte weiter: „ Bedeutet das nicht, dass der voreilige Zi Zhang etwas reifer als der konservative Zi Xia ist?“ Konfuzius schüttelte den Kopf und sagte: „Weder der Voreilige noch der Konservative können Erfolg haben. Die beiden Extreme sind nicht zu empfehlen.“
Wie konnte man erfolgreich sein? Wie konnten die widersprechenden beiden Extreme neutralisiert werden? Konfuzius war der Auffassung, dass man bei der Lösung eines Problems einseitige Denkmethoden vermeiden und nicht die Fehler der beiden Extreme begehen sollte. Zwischen den beiden Extremen musste man einen „Mittelweg“ finden und ihn weder überschreiten noch vor ihm stehen bleiben. Wenn man das rechte Maß einhielt und den „Mittelweg“ fest im Auge hatte, konnte man richtig handeln und widersprechenden beiden Extreme vereinen. Der „Mittelweg“ des Konfuzius entspricht dem „Maß“ der heutigen Dialektik. So kann man sagen, dass die Denkmethode des Konfuzius einigermaßen mit der der Dialektik identisch ist. „Mittelweg “ und „Maß “ bestimmen die quantitative Veränderung einer Sache. Das Maß darf weder zu viel noch zu wenig, sondern muss „genau richtig“ und „angemessen“ sein. Das ist sowohl die Denkmethode des Konfuzius als die des Konfuzianismus - das Prinzip des goldenen Mittelweges. Konfuzius meinte, dass man vom Prinzip des goldenen Mittelweges nicht abweichen sollte, ganz gleich, ob man die Stabilität der politischen Lage, die Ruhe der Gesellschaft oder die Harmonie der zwischenmenschlichen Beziehungen herstellte.
Nach dem Tod des Konfuzius wurden seine Worte von den Schülern aufgezeichnet und in dem Buch „Gespräche“ zusammengefasst, das als erstes klassisches Werk des Konfuzianismus gilt. Das wertvolle Buch erfasste die großen Gedanken des Konfuzius, seine politischen Auffassungen und seine ethischen Vorstellungen über die zwischenmenschlichen Beziehungen sowie wichtige Materialien zur Erforschung des Konfuzius und des Konfuzianismus. Der Konfuzianismus fand und findet allgemeine Anerkennung und verfügt über eine starke Lebenskraft. Zuerst interessierten sich die Chinesen für den Konfuzianismus. Nach und nach gewann er viele Interessenten im Ausland. Vor einigen Jahrhunderten wurde er von China nach Korea, Japan und Südostasien und in der Neuzeit nach dem Westen überliefert. Das Buch „Gespräche“ wurde bereits in viele Fremdsprachen übersetzt.
Konfuzius sagte „Mit 15 Jahren fasste ich den Entschluss, mich dem Lernen zu widmen. Mit 30 stand ich fest auf dem Boden. Mit 40 ließ ich mich nicht mehr in die Irre führen. Mit 50 verstand ich die Befehle des Himmels. Mit 60 konnte ich auch der entgegengesetzten Meinung Gehör schenken. Und mit 70 kann ich nach Lust und Laune handeln, ohne dabei die Gepflogenheiten zu verletzen.“