Die zentrale Rolle
der Familie in der menschlichen Entwicklung
Vortrag am 30. August 2003 in
Wien: Dr. Dietrich Seidel
“Die Familie ist das einzig sichere Fundament. Du brauchst die Unterstützung
und die Liebe einer Familie oder du hast nicht viel." (The Family is the
only secure foundation. You must have the support and love of a family or you
don’t have much at all). (Mitch Albom),(1).
Excellenzen, Friedensbotschafter, Sehr geehrte Damen und Herren.
Es ist für mich eine große Ehre heute zu Ihnen zu sprechen. Erlauben Sie mir
mit einer kurzen persönlichen Einleitung zu beginnen. Ich lebe jetzt schon mehr
als 30 Jahre in den Vereinigten Staaten und Kanada. Während meiner
Lehrtätigkeit als Theologe und Philosophieprofessor habe ich ein besonderes
Interesse für das Gebiet Ehe und Familie entwickelt. Ich bin mit meiner lieben
Frau Elisabeth, die Französin ist, verheiratet. Wir beide schätzen sehr die
Erfahrung unsere Kinder Christopher und Diesa, die jetzt schon erwachsen sind,
aufgezogen zu haben. Wir sind uns sehr unseres Anteils von Fehlern, die wir im
bauen unserer Familie begangen haben, bewusst und wir dachten uns es ist eine
gute Idee anderen Paaren zu erlauben von unseren Erfahrungen zu lernen. So
halten wir öfters Seminare ab, die die Bereicherung menschlicher Beziehungen
zum Ziel haben um Ehepaaren und Familien zu helfen die heilende Kraft wahrer
Liebe zu entdecken.
Die Familie in der heutigen Gesellschaft
Es mag sich als nützlich erweisen, die Situation der Familie in den Vereinigten
Staaten für einen möglichen Vergleich mit der Europäischen Situation zu
beschreiben. Von einem bestimmten Blickwinkel scheint es mir, dass das
Familienleben in den Vereinigten Staaten unsere Fähigkeit wiederspiegelt mit
dem Überangebot materieller Güter und dem hohen Lebensstandard sinnvoll
umzugehen. Wie sieht das Urteil aus? Ich muss zugeben dass wir in vieler
Hinsicht versagen. Es hat den Anschein, dass es an innerer Stärke mangelt
unsere als richtig erkannten Werte auch in die Tat umzusetzen.
Wie erklären wir diese Unfähigkeit, erfolgreiche menschliche Beziehungen in
dieser zunehmenden materialistischen Konsumenten Kultur zu bauen? Zwei Gründe
können wir anführen. Der erste ist die oft unbewusste Annahme eines selbst
bezogenen Individualismus der darauf besteht ein Recht zu haben das zu tun was
das beste für mich ist. Der zweite Grund folgt von
dieser Denkweise und kann mit der inneren Einstellung unrealistischer
Erwartungen beschrieben werden. Was immer es sein mag das uns in den Weg kommt
es ist niemals gut genug. Erlauben Sie mir die traurige Situation eines
zerfallenden Familienlebens mit einem Beispiel zu erläutern. Ich beginne mit
dem Profil eines in vieler Hinsicht typischen Amerikanischen Paares, Sally und
Tom.
Sally denkt: Ich hätte mir niemals vorgestellt, dass das Zusammenleben mit ihm
so schwierig sein wird. Ich dachte, dass ich ihn nach unserer Heirat ändern
könnte, aber jetzt sind bereits 20 Jahre vergangen und er irritiert mich noch immer
mit seinem unzivilisierten Manieren und seinem gefühlslosen Betragen. Er lässt
seine schmutzigen Socken und Wasche am Boden liegen und erwartet von mir dass
ich hinter ihm herlaufe um aufzuräumen. Er zeigt so wenig Selbstbeherrschung in
seinen Essmanieren mit seinen launenhafter Überfallen auf den Kühlschrank. Dies
sind nur einige der alltäglichen Dinge, die mich die Wände hochtreiben. Ich
will noch gar nicht von seinem Schnarchen reden und von seinem unkontrollierten
Aufbrausen, wenn er glaubt prüfen zu mussen, dass er recht
hat. Das einzige was er von mir will ist seine sexuelle Befriedigung, und meine
Sehnsucht nach Intimität hat anscheinend in seinem Denken keinen Platz. Er ist
so verantwortungslos und unterlässt es klare Pläne für unsere Zukunft zu
machen. Er lebt immer in seiner eigenen Welt und nimmt gar nicht wirklich wahr
was um ihn herum geschieht. Ich träumte von einem romantischen Leben, in dem
wir alles miteinander teilen, aber ich fühle, dass ich die letzte Person auf
seiner Liste bin.
Tom denkt: Hier ist es wieder. Wie kann sie so angerührt sein. Sie verhält sich
wie eine Prinzessin auf der Erbse. Sie sorgt sich um kleine, unwichtige Details
und beschwert sich wenn nicht alles so ist wie sie es haben möchte. Sie lässt
nicht locker mich in eine Art Superman verwandeln zu wollen. Wenn sie wieder
einmal von ihrer Laune überkommen ist mir Anweisungen zu geben, dann fühle ich
mich wie ein Zweijähriger, dem dauernd gesagt wird wie er sich zu verhalten hat
und dann mache ich Dinge, die ich niemals machen wollte. Das sind die
Augenblicke, in denen meine Selbstachtung den Tiefststand erreicht. Ich dachte,
unser Zusammenleben würde wie ein Teamwork werden, in dem wir unsere Bürden und
unsere Freuden miteinander teilen, aber nun fühle ich, dass ich immer zu kurz
komme. Wie sehr ich es auch versuche ihr Freude zu bereiten, sie gibt mir immer
das Gefühl, dass es nicht gut genug ist. Wie kann ich mit dem steigenden Druck
des Alltagslebens umgehen unseren Umständen entsprechend zu leben, wenn sie in
ihrer eigenen Vision von finanzieller Realität festsitzt, in der das Geld auf
einem Baum hinterm Haus wächst und nur heruntergeschüttelt werden muss? Sie
möchte fein speisen und pocht auf ihren regelmäßigen Traumurlaub und ich fühle
mich wie in einer Zwangslage weil ich all diese Erwartungen nicht erfüllen
kann. So frage ich mich: wo bleibt da das Teamwork?
Was lernen wir von einem solchen Profil? Es hat den Anschein, dass die heutigen
Ehen von einer ansteigenden Spannung zwischen unrealistischen Träumen und unerfüllten
Erwartungen leiden. Wenn diese Spannungen unerträglich scheinen sieht das
Ehepaar keinen anderen Ausweg als die Scheidung, trotz der besseren Einsicht
dass die Scheidung einen verheerenden Einfluss auf die Kinder hat. Schliesslich
ist es die Stimme der schwächsten Familienmitglieder, nämlich der Kinder, die
die Qualität des Familienlebens am besten beschreibt.
Dr. James Dobson, ein bekannter amerikanischer Familientherapeut, berichtet von
einer Volksschullehrerin in Kalifornien, die ihren Schülern Sätze
niederschreiben ließ, die mit: „Ich wünsche mir“ beginnen. Sie erwartete
Antworten wie: „Ich wünsche mir ein Pilot zu werden“, oder „Ich wünsche mir ein
Filmstar zu werden“ oder „Ich wünsche mir ein berühmter Sportler zu werden“. Zu
ihrer Überraschung las sie die folgenden Sätze: „Ich wünsche mir, mein Dad
hätte mehr Zeit für mich“, „Ich wünsche mir, ich hätte nur einen Vater nur eine
Mutter“, „Ich wünsche mir, meine Mutter würde aufhören Männerbekanntschaften zu
haben, die mein Leben verpfuschen“, „Ich wünsche mir, meine Eltern würden ihre
Liebe nicht zurückhalten, wenn ich schlechte Noten nach Hause bringe“. Die
Liste ähnlicher Antworten setzte sich noch lange fort. Über 80% der Antworten
bezogen sich auf gestörte Familienverhältnisse und bestätigen so die
bedrückende Statistik, die für Amerika eine Scheidungsrate von über 50%
ausweist.
Aber sind die anderen 5 von 10 Paaren glücklich? Familienexperten haben eine
negative Antwort. Nur 1 oder 2 von 10 Paaren führen ein einigermassen
harmonisches und ausgeglichenes Eheleben. Das Familienleben ist in zunehmendem
Maße der Unterwanderung von außen ausgesetzt wie die Bedrohung durch freien
Sex, Ehebruch, Pornografie, Homosexualität und lesbische Liebe. Die gesamte
Kultur, im Besonderen aber die Unterhaltungsindustrie scheint mit
missbräuchlichem Sex durchtränkt zu sein, und der wachsende Tribut drückt sich
in verschiedener Weise aus, zum Beispiel durch die steigenden
Teenager-Schwangerschaften, Abtreibung und STD’s – sexuell übertragbaren
Krankheiten – im Besonderen die epidemisch zunehmenden AIDS Fälle.
Eine neue Vision der Familie
Aber auch nachdem ich das alles gesagt habe bin ich überzeugt, dass es sehr
wohl eine andere Seite zu dieser Geschichte gibt. Es gibt zahlreiche
gewissenhafte Menschen, die unermüdlich daran arbeiten traditionelle
Familienwerte zurück zu bringen. Es gibt eine „Ehe-Begegnungs-Bewegung“ und
„Retrouvaille“, die Paare unterstützen, die ihre Beziehung bereichern möchten
und die Paaren, die an ihrem emotionalen Existenzminimum angelangt sind, helfen
ihre Ehe zu retten und eine Scheidung zu verhindern. Da gibt es die
„Eheretter“, eine Initiative, die von christlichen Geistlichen und jüdischen
Rabbis betreut wird und die ausführliche Ehevorbereitung und Beratung anbietet.
Da gibt es “Divorce Busting” (Scheidungseliminierung), “ Relationship
Enhancement” (Beziehungsverstärkung) and “How the one of you can bring the two
of you together”, (Wie der eine der beiden die beiden zusammenbringen kann), um
einige zusätzliche Ansätze der Eheberatung oder Ehetherapie beim Namen zu
nennen. Weiters gibt es Organisationen, die eine auf Abstinenz aufbauende
Sexualerziehung fördern wie „Free Teens“ und die „Pure Love Alliance“, die
großen Zulauf haben und sich immer breiterer Anerkennung seitens der Öffentlichkeit
und der Privatschulen erfreuen.
Man kann sich jetzt fragen, warum gibt es nicht größere Erfolge in der Heilung
funktionsgestörter Familien? Auch wenn ich mich jetzt der Gefahr der
Vereinfachung aussetze, will ich doch eine Antwort anbieten. Erfolgreiche Ehen
und Familien brauchen beides, eine ausgeglichenes geistiges Leben und
praktische Fähigkeiten menschliche Beziehungen zu errichten und zu pflegen. Die
meisten Familientherapeuten konzentrieren sich darauf, ihren Klienten auf der
Beziehungsebene zu helfen und entwickeln ausgeklügelte psychologische Ansätze
der Beziehungsbildung. Woher aber kommen Motivation und Entschlossenheit, durch
immer wiederkehrende Übung und Praxis, die persönliche Selbstmeisterung und das
Verständnis dem Partner gegenüber zu erringen? Meiner Überzeugung nach hat
dauerhafte Verbindlichkeit sich ständig verbessernder und wachsender Ehe- und
Familienbeziehungen ihre Wurzeln in der Liebe Gottes und dem sich daraus
ergebenden geistigen Leben, das ihren ersten Ausdruck in einer klar dargelegten
Familien Vision findet.
An dieser Stelle erlauben Sie mir eine kurze Zusammenfassung von Rev. Moon‘s
Verständnis einer gesunden Familie anzubieten. Was beinhaltet dieses
Verständnis des ursprünglichen Potenzials eines gesunden Familienlebens? Die
menschliche Entwicklung wächst in Stufen der Errichtung von Liebesbeziehungen.
Liebe erlebt man nicht wenn man sich irgendwie generell anderen zuwendet, Liebe
ist vielmehr von Anfang an so angelegt, dass sie innerhalb der Familie erlebt
wird. In anderen Worten, wir benötigen zuerst das Erleben und das Reifen von
Liebesbeziehungen im Familienverband und auf dieser Basis werden wir fähig
unsere Liebe auf die Welt um uns herum auszudehnen.
Der Hauptaspekt der Liebe ist, dass sie mit unserem Partner beginnt. Wir können
Liebe nicht allein verwirklichen. Vielmehr müssen wir das eigene Selbst
transzendieren und es sozusagen „leer“ machen. Basierend auf der Bedingung der
Überwindung der Selbstbezogenheit und eines vollständig partnerkonzentrierten
Lebens wird Liebe in Erscheinung treten. Familientherapeuten sind sich darin
einig, dass Liebe die Entscheidung ist, deinen Partner zur wichtigsten Person
in deinem Leben zu machen. (1)
Dies ist mit viel Arbeit verbunden, die täglich eingesetzt werden muss.
In der Familie erleben wir vier aufeinanderfolgende Stufen von
Liebesbeziehungen, nämlich die Liebe der Kinder zu den Eltern
, die Geschwisterliebe, die eheliche Partnerliebe und die Liebe der
Eltern zu ihren Kindern. Jede dieser vier Liebesbeziehungen beeinflusst die
distinkte Ausformung der Persönlichkeit der Familienmitglieder. Reverend Moon
spricht von „Vier Herzensbereichen“, um hervorzuheben, dass jeder Mensch das
Potenzial besitzt sein oder ihr „Herz“, im geisstigen Sinn, auszubilden, um
ihre einzigartige Identität zu entwickeln, in der die vier Arten der
Liebesbeziehungen innerhalb der Familie ihren jeweils formgebenden Einfluss
besitzen. (2)
So ermöglicht die Familie eine Erziehung, in der die Liebe erlebt wird und sie
legt auch die ultimative Bedeutung der Liebe als Verbindungsmedium zwischen dem
temporären und dem ewigen Bereich offen. Wir können also sagen, dass die
familiären Liebebeziehungen im physischen vergänglichen Bereich die Menschen
auf ihre Existenz im spirituellen, ewigen Bereich vorbereiten (3).
Es mag schwierig sein die einzigartigen Qualitäten dieser vier Basistypen der
Liebe, die das Familienleben ausmachen, zu verstehen. Generell analysieren Ehe-
und Familientherapeuten Liebesbeziehungen innerhalb der Familienmitglieder aus
psychologischer Sicht. Hier wird das Liebeserleben als primär natürliche
Erscheinung aufgefasst und von den Erklärungen wird erwartet, dass sie sich
innerhalb des beobachtbaren physischen Bereichs bewegen(4). Betrachten wir
jedoch die Sache tiefer, mögen wir zu dem Schluss kommen, dass die Realität der
Liebe nicht das Produkt eines menschlichen Erfindungsreichtums ist, sondern uns
als ursprüngliche Gabe und als Frucht ernsthafter Anstrengungen mitgegeben
wurde. Kurz gesagt besitzen Liebebeziehungen eine klare spirituelle Dimension
indem sie verschiedene Aspekte der Liebe Gottes manifestieren. Die Vision eines
gesunden Familienlebens muss diesen spirituellen Aspekt der Liebe ganz
besonders einschließen.
Kehren wir zu den vier Arten der Liebe innerhalb der Familie zurück, so
entdecken wir einzigartige Merkmale in jeder von ihnen. Zuerst sind da die
Geschwisterliebe und die eheliche Partnerliebe, die beide von Natur aus
horizontal sind und Wachstum und Entwicklung innerhalb der physischen Ordnung
unter Familienmitgliedern der gleichen Generation aufzeigen. Geschwister
untereinander drücken ihre Liebe aus indem sie sich einander mitteilen,
respektieren und miteinander kooperieren und so einen Wachstumsprozess als
Vorbereitung auf das Eheleben durchlaufen. Sie entwickeln ihre sexuelle
Identität und sind während ihrer Pubertät mit ganz persönlichen
Wachstumserscheinungen konfrontiert. Das untrügliche Zeichen unserer
menschlichen Selbsttranszendenz besteht aus unserer Identität als
geschlechtliche Wesen. So können wir sagen, dass Mann und Frau zu gegenseitig
ergänzenden Liebespartnern geschaffen wurden (5).
Die eheliche Partnerliebe beginnt mit der Heirat und bezeichnet die Erfüllung
der Liebe wie sie ursprünglich von Gott beabsichtigt war. Mann und Frau
entwickeln innerhalb ihres horizontalen Liebesaustauschs, der auf gegenseitigem
sich selbst Verschenken beruht, eine „Zweisamkeit in Einheit“ und errichten auf
diesem Weg das Ideal ein vollkommener Objektpartner für Gott zu werden und sind
dann fähig, Seine Liebe voll zu erwidern. Man kann also sagen, dass Gottes
vertikale Liebe in der horizontalen Liebe eines gereiften Paares ihre
substanzielle Ausdrucksform findet und in dieser Weise eine „Dreisamkeit in
Einheit“ zwischen Gott, Ehemann und Ehefrau geschaffen wird. Die Verwirklichung
der wahren Liebe durch das von Gott beabsichtigte Eheideal bekräftigt die
menschliche Mitschöpferschaft. Gottes Fruchtbarkeit findet ihren Ausdruck in
der Fruchtbarkeit des Menschen. So markiert die Geburt eines Kindes die
Weitergabe und Vermehrung der Liebe durch die Errichtung einer
Abstammungslinie. Letztlich ist es auch verständlich, dass das Ehepaar und die
Familie zum vollen Ausdruck des Bildes Gottes werden und so eine Ausweitung der
bereits angesprochenen Idee sind, dass Einzelpersonen das Bild Gottes
darstellen.
Die beiden übrigen Arten der Liebe, namentlich die Kindesliebe und die
Elternliebe, sind primär vertikaler Natur, wo eine gegenseitige Beziehung
zwischen Abhängigkeit und bedingungslosem Gebens zwei Generationen miteinander
verbindet. Kinder nehmen hauptsächlich eine empfangende Rolle ein, die am
besten als Disposition zur Pietät und Dankbarkeit beschrieben werden kann,
während Eltern eine aktive Liebesrolle übernehmen, die vom Wesen her
aufopfernden Charakter hat. In Bezug auf ihre spirituelle Dimension ist die
Eltern-Kind Beziehung bezeichnend für die Liebebeziehung zwischen Gott und
Mensch. Wir sind als Kinder Gottes geschaffen, die jedoch selbst Vater und
Mutter werden und auf diese Weise das elterliche Herz Gottes erleben (6). Des
Weiteren wird die Familie durch das Erscheinen einer neuen Generation zum
Entfaltungsort von Gottes Liebe mittels der Bildung einer familiären
Ahnenlinie. Sofern die Errichtung einer Familienlinie das Erleben der
Elternschaft vermittelt, zeigt sie auch das Ziel der persönlichen Reife,
nämlich durch das Ererben des elterlichen Herzens Gottes zum Bild Gottes zu
werden. Hier haben wir als Menschen das Potenzial das innerste Wesen unserer
eigenen Persönlichkeit zu verwirklichen indem wir das unveränderliche göttliche
Herz, das bedingungslos gibt, wiederspiegeln(7).
Die innere Transformation erleben
Das Entdecken unseres gottgegebenen Potenzials liebende Persönlichkeiten zu
werden schließt einen inneren Wandel mit ein. Unser Verständnis der zuvor
erwähnten Vision einer gesunden Familie mag sehr wohl der Anfangspunkt für
solch eine innere Transformation sein. Um diesen inneren Wandel in unserer
Persönlichkeit zu illustrieren, kehren wir kurz zu Tom und Sally zurück.
Nachdem Sally ihre Herzenseinstellung geendert hat, denkt sie für sich:
Irgendetwas tief in meinem Herzen sagt mir, dass er mein Ehemann ist, und wenn
ich auch bereits alle Wände hochgeklettert bin, so liebe ich ihn. Ich wünschte
nur, wir könnten unsere Liebe von den luftigen Höhen der Hoffnung zu einer
erlebten Erfüllung hier auf dieser Welt umwandeln. Ich erkenne, dass das von
meiner Seite harte Arbeit bedeutet, und verlangt meine Gewohnheit mich auf
seine schwachen Punkte zu konzentrieren um ihn zu ändern, zu überwinden.
Vielmehr möchte ich es von nun an zu meiner Gewohnheit machen seine guten
Eigenschaften anzuerkennen und ihn zu ermuntern diese einzusetzen. Bevor ich
ihm gegenüber einen Punkt erwähne, der zu verbessern ist, werde ich ihm meine
Anerkennung und Würdigung einiger seiner guten Charaktereigenschaften zum
Ausdruck bringen.
Tom denkt jetzt auf ähnliche Weise:
Aber nach wie vor denke ich, dass Sally wirklich Besonders ist. Sie ist
diejenige, die ich immer lieben werde. Irgendwie fühle ich, dass es da eine
andere Dimension in unserer Beziehung gibt, die noch darauf wartet entdeckt zu
werden, dass unsere gemeinsame Reise echte Liebe zu finden tatsächlich ein Ziel
hat. Es scheint wertvoll und erstrebenswert zu sein einen Traum für unser
eheliches Zusammensein zu haben und alles zu unternehmen, damit dieser Traum
Wirklichkeit wird. Ich werde beginnen sorgsam auf sie zu hören, damit ich ihre
Gefühle verstehen kann. Ich erkenne, dass wir mehr erholsame Stunden
miteinander verbringen müssen, damit unsere Liebe wachsen kann und wir echte
Intimität erleben können.
Um all die guten Vorsätze zur Verbesserung unseres Ehelebens verwirklichen zu
können, müssen wir dauernd von einem endgültigen Zweck für unser Leben
motiviert sein, nämlich die Liebe unseres Schöpfers zu erwidern. Nicht nur die
Eheleute, sondern auch die anderen Familienmitglieder werden die Wichtigkeit
eines starken geistigen Lebens erkennen, das als Grundlage für unsere innere
Transformation dient.
Zusammenfassung
Wir haben nun unser gottgegebenes Potenzial für eine gesunde Familie erkundet.
So sehr wir auch eine solch essenzielle Orientierung in Richtung menschlicher
Liebebeziehungen einräumen mögen, unsere gegenwärtige Kultur schart sich um
eine andere Botschaft. Es ist die Botschaft des Individualismus. Wir sollten
glauben, dass ein erfülltes Leben das Resultat eines Lebens ist, in dem wir die
Erfüllung unserer eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund gestellt haben. Das
eigene Selbst wird hier als Drehpunkt zur Anhebung der Lebensqualität
auserwählt, was eine Voreingenommenheit zur Folge hat, die in
Selbstverwirklichung, Selbstbelohnung und Selbsterfüllung ihren höchsten Wert
sieht. Hier zeigt sich die Notwendigkeit einer inneren Transformation, von
einem säkularen selbstzentrierten Individualismus hin zu einem gottzentrierten,
sich zuerst um den anderen sorgenden Individualismus. Wir müssen klar
aufzeigen, dass der Kern der inneren Transformation von einer neuen Vision der
Familie gebildet wird. Solch eine Vision stützt sich drauf, dass der
Individualismus selbst nicht der Weisheit letzten Schluss bilden kann sondern
den höheren Zweck liebende Familien zu errichten und der Gemeinschaft zu dienen
einschliessen muss.
Wir können unsere Diskussion zusammenfassen indem wir aufzeigen, dass wir eine
derartige innere Transformation auf drei Ebenen durchlaufen müssen, um zu einem
neuen menschlichen Selbstverständnis zu gelangen, das als Fundament für
dauerhaften Frieden dienen kann.
(1) Auf der individuellen Ebene gilt es die “gesunde Persönlichkeit” neu zu
definieren, indem wir sie in den Dienst der Liebe stellen. In der Vergangenheit
ergab die Betonung der rationalen Fähigkeiten eine Auswertung des menschlichen
Selbst, die das gottgegebene Potenzial sich zuallererst auf die Errichtung
gesunder Liebesbeziehungen zu konzentrieren oft ignorierte. Das bedeutet, dass
die Ausbildung oder Erziehung des Intellekts auf die Basis einer
Charakterbildung gestellt werden muss, die eine Erziehung des Herzens ist, die
hauptsächlich im Familienverband stattfindet. Kurz gesagt erreicht eine gesunde
Persönlichkeit eine Geist-Körper-Einheit, die auf die Verwirklichung des Ideals
der wahren Liebe ausgerichtet ist. Auf diesem Weg erreichen wir ein Bewusstsein
eines neuen Individualismus, der die Selbst-Transzendenz und das Erreichen
eines Lebenszwecks zum Wohlergehen des anderen zum Ziel hat. Hinsichtlich der
praktischen Auswirkungen eines solchen Bewusstseins der Transzendenz des
eigenen Selbst möchte ich auf das familienbasierende IIFWP Programm zur
Überwindung des Analphabetentums hinweisen, das der vollen Entwicklung des
menschlichen Potenzials dient.
(2) Auf der Familienebene finden wir die Quellen, das Ideal der wahren Liebe
substanziell zu machen. Die gegenwärtige „Scheidungskultur“, die ihre Wurzeln
im säkularen Individualismus hat, muss in eine „Ehekultur“ transformiert
werden, die den neuen Individualismus eines Lebens zum Wohlergehen des anderen
bestätigt und fördert (8). Sobald die Liebe der Eltern in gegenseitiger Hingabe
und Zuneigung ihre Erfüllung findet und darüber hinaus auch noch die Liebespartnerschaft
mit Gott einschließt, werden in solchen Familien Kinder des Guten vollkommen
natürlich heranwachsen. Zwei Initiativen sollten hier genannt werden, die ein
Bewusstsein für die Notwendigkeit der Errichtung gesunder Familien fördern.
Reverend Moon’s International Blessing Ceremonies (Internationale
Ehesegnungszeremonien) fördern die Harmonie unter den Rassen, den ethnischen
Gruppen und den Gesellschaften nationaler Ausrichtung, während die Pure Love
Alliance darauf abzielt junge Menschen auf dauerhafte Ehen in gegenseitiger
Liebe vorzubereiten. Weiters wird die zentrale Wichtigkeit des Familienlebens
heute auch auf nationaler und auf globaler Ebene immer mehr unterstützt. Der
Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika erhob den 4. Sonntag im Juli zum
Tag der Familie, während die Vereinten Nationen 1994 das internationale Jahr
der Familie feierten und sich nun vorbereiten im kommenden Jahr das 10-jährige
Jubiläum zu feiern.
(3) Auf der gesellschaftlichen Ebene gilt es die engen Ansichten von Parteiwirtschaft
und historischen, ethnischen, rassischen und nationalen Trennungen zu
überwinden. Solch eine Heilung der Vergangenheit kann am besten mit einem
Bewusstsein einer globalen Familie anzugehören erfüllt werden. Hierin liegt die
endgueltige Vision des Weltfriedens. Wir mögen noch hinzufügen, dass Friede
nicht bloß die Abwesenheit von Konflikten ist. Friede bezeichnet vielmehr einen
aktiven Status eines erfüllenden Familienlebens für die gesamte Menschheit.
Lasst uns alle vorangehen und mit unserer eigenen Lebensweise die Zentralität
von gottliebenden Familien unterstützen, um unser gemeinsames Ziel – den
dauerhaften Weltfrieden – zu erreichen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit
Notes (auf Englisch)
(1) The well known family therapists James Dobson and Gary Smalley speak
of the need to make love a decision.
(2) Rev. Sun Myung Moon, True Love and True Family, (New York: FFWP,1997). Henceforth cited as TLTF.
p.53.
(3) TLTF, p.5.
(4) Diane Soelle organizes the yearly conference “Smart Marriages-Happy
Families”, providing the opportunity for promotion and exchange among
family therapists, psychologists and counselors.
(5) TLTF, p.22.
(6) Herbert Richardson. A Time for Consideration. (Lewiston, NY: Edwin Mellen, 1980).
(7) TLTF, p.24.
(8) The Institute for the American Family states: “We are presently waging
a war over values involving traditional versus liberal family values. What
is desperately needed is the transformation of our present divorce culture
into a marriage culture. This is not an option but a life and death
question.”