Lebenserinnerungen und Perspektiven eines österreichischen
Weltbürgers
Wie der vielleicht bemerkenswerteste lebende Österreicher von Wien
über 82 Länder nach Osttirol kam
Prof. Ernst Florian Winter im Gespräch - Dienstag, 3. Mai 2011
1.
Als das älteste
von acht Kindern des Vizebürgermeisters von Wien (1934-1936) Ernst Karl Winter,
begleitete Ernst Florian seinen
Vater bereits sehr früh auf seinem politischen Weg. Als Bundeskanzler Kurt
Schuschnigg von seinem Treffen mit Hitler auf dem Berghof am 12. Februar 1938
zurückkam, machte er bei den Winters einen Stopp. Der
14-jährige Ernst Florian Winter führte bei diesem Gespräch Protokoll.
Wenige Tage nach der deutschen Okkupation im
März 1938 flüchtete der Vater Ernst Karl Winter und später die gesamte Familie
in die Schweiz. Über Frankreich und England erreichte die Familie Winter als
eine der ersten nicht jüdischen Emigrantenfamilien im Oktober 1939 New York. An
seinem 18. Geburtstag trat er freiwillig der US Army bei, merkte jedoch beim
Antragsformular zur Aufnahme in die Armee an: "… melde mich freiwillig, um
an der Befreiung meiner Heimat Österreich mitzuwirken, bin aber nicht bereit,
zu töten." 1943 wurde Winter die amerikanische Staatsbürgerschaft. Er nahm
an der Invasion in der Normandie teil und war der erste Austro-Amerikaner,
der am 4. Mai 1945 ins Innviertel einmarschierte.
Nachdem Winter
in die USA zurückgekehrt war, studierte er Politikwissenschaften und
Internationale Beziehungen an der Columbia University. Winter unterrichtete
Geschichte und Politikwissenschaft in New York an der Columbia University und
war auch Gastprofessor an der Princeton University, der Georgetown University
und der Indiana University.
1960 nahm er
den Ruf der Minister Drimmel und Klaus an, nach
Österreich zurückzukehren. 1964 wurde Ernst Florian Winter vom damaligen
Außenminister Bruno Kreisky zum Gründungsdirektor der Diplomatischen Akademie
Wien nach dem Zweiten Weltkrieg bestellt. Dann wurde er Direktor des Instituts
für Höhere Studien. Er war mit Johanna von Trapp verheiratet und die beiden
hatten sieben Kinder.
Zwischen 1968
und 1970 war Ernst Florian Winter Direktor der sozialwissenschaftlichen
Abteilung der UNESCO in Paris. Gleichzeitig war er ab 1968 Leiter einer
Mission, die Verhandlungen zwischen den USA und der Volksrepublik China in Gang
brachte. 1970 gehörte er als erster US-Amerikaner zu einer ausgewählten Gruppe,
die vom damaligen chinesischen Premierminister Zhou Enlai zu einem zweimonatigen Aufenthalt am Institut der
Außenpolitik der Volksrepublik China eingeladen wurde.
Als
Mitbegründer der UNEP (United
Nations Environment Programme) arbeitete er mit dem ersten Direktor Dr. Maurice
F. Strong in Nairobi. Dann war er Industrial Development officer bei der UNIDO
in Wien. Insgesamt hat er in 83 Ländern gelebt und gearbeitet. Ernst Florian
Winter spricht Chinesisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch
und Japanisch. Heute lebt er in Hopfgarten in Osttirol.