Donnerstag, 8. Mai
2008, 19:00 Uhr
Einleitungsreferat: Dr. Friedrich Bauer
1930 geboren, arbeitete an den Vertretungen Österreichs in Jugoslawien
und Israel, ehe er 1973 der erste Botschafter Österreichs in Ost-Berlin wurde.
Bauer wurde danach, ab 1978, politischer Direktor des Wiener Außenministeriums,
wo die Pflege von Ost-West-Kontakten zu seinen Pflichten gehörte. 1986 wurde er
Botschafter in Bonn und erlebte dort die Anfänge der deutschen
Wiedervereinigung. 1990 bis 1995 wurde er als Botschafter Zeuge des Zerfalls
der Sowjetunion und der Entstehung von Jelzins Russland. Er ist der Autor der
Bücher „Russische Umbrüche - von Gorbatschow über Jelzin zu Putin“
und „Botschafter in zwei deutschen Staaten“.
Am Podium: Dipl.-Sr. Alexej Klutschewsky, Linguist und
Sozialanthropologe;
Dr. Nathalia Schurina, Organisatorin der
Konzertreihe "Frieden in Europa"
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Nach
dem dahinsiechenden Jelzin steht der kommissarische Herr im Kreml für Stabilität
und Stärke / Essay von Manfred Quiring
Russland
hat sich unterworfen. Auf Gedeih und Verderb hat die russische Öffentlichkeit
Wladimir Wladimirowitsch Putin auf den Schild des Helden gehoben. Wie ein Komet
tauchte der Unbekannte aus den Tiefen des Apparates auf, plötzlich zum
"Retter der Nation" berufen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt zweifeln
nicht einmal seine schärfsten Konkurrenten im Kampf um den Präsidentenposten an
seinem Erfolg. Die Wahl am 26. März, so scheint es, könnte zu einer Akklamation
für Putin werden.
Von
Simone Bartsch
Zwei Seelen
wohnen, ach, in seiner Brust: Der eine Putin gibt sich gerne staatsmännisch, im
modernen dunklen Anzug, die Schultern gestrafft, den Kopf erhoben. In seinem
Auftreten spiegelt sich ganz der westlich orientierte, "lupenreine
Demokrat". Der andere Putin trägt noch den Geist der sowjetischen
Herrschaftszeit in sich, die Patina eines verklärten Mütterchen Russlands. Mit
nacktem Oberkörper und in khakifarbenen Hosen steht er angelnd am See. Kurze
Zeit später zeigt er sich, das Gewehr im Anschlag, in Jagdpose.
Das
Putin-Regime
Der
sowjetischen Weltanschauung lag die Vorstellung einer globalen Vorherbestimmung
der Sowjetunion zugrunde, die der ganzen Welt den Weg in eine neue,
kommunistische Gesellschaft weist. Die Vertreter der heutigen Staatsmacht
bewahrten im Wesentlichen dieses Weltanschauungselement, entzogen ihm aber den
internationalistischen Inhalt, indem sie ihre Ideale an die berühmt-berüchtigte
"russische Idee" knüpften, sprich: die Vorstellung der Überlegenheit
der orthodoxen russischen Kultur gegenüber dem Westen.